Ein Segeltörn rund Fehmarn und in die Lübecker Bucht
„Himmelfahrtskommando – auch Kamikaze-Befehl genannt – ist ein dem militärischen Jargon entstammender Begriff, der einen besonders gefährlichen Auftrag bezeichnet, dessen Ausführung mit hoher Wahrscheinlichkeit – und nur im Ausnahmefall gewollt – zum Tod, zur „Fahrt in den Himmel“, also ins Jenseits, des oder der Ausführenden führt.“ – So lautet die Definition von Wikipedia!
Der Himmel weiß, warum der Organisator diesen Namen für die Premiere unserer Frühjahrsfahrt ausgewählt hat?
Die Saison der OSG (Ostsee-Segler-Gemeinschaft) soll auf der Ostsee mit einer tollen „Dickschiff-Veranstaltung“ eröffnet werden. Zum ersten Mal verabredeten sich 24 Segelbegeisterte im Frühjahr für einen Segeltörn rund Fehmarn und in die Lübecker Bucht. Neue Vereinsmitglieder wollen mit „alten Hasen“ die Freuden der Seefahrt, der frischen Seeluft, des freien Blickes über die Ostsee und die Geselligkeit am Abend genießen. Es versprach allen ein fantastisches, entspanntes, sportliches langes Wochenende im Mai mit vier Yachten zu werden.
Der Wetterbericht kündigte nach einer schon fast hochsommerlichen in Hamburg Woche an:
„Die Wetterfront eines Nordmeertiefs bringt uns vielerorts einen nassen Vatertag. Vormittags gewittert es von Niedersachsen bis zum Schwarzwald. Brenzlig wird es am Nachmittag, wenn die Sonne die Luft nochmals auf 25 bis 29 Grad aufgeheizt hat.
Dann drohen von Schleswig-Holstein bis zu den Alpen, ab dem späten Nachmittag auch im Osten Unwetter durch Hagel, Platzregen und Sturmböen. Dabei fließt kurzzeitig kühle Luft ein. Danach sieht es freundlicher aus und mit den Temperaturen geht es nach oben.“
Die erste Crew reiste schon am Mittwochabend in Großenbrode an, um als erste auch auf dem Schiff zu übernachten und den nächsten Morgen mit einem Frühstück mit Blick auf das Wasser zu beginnen. Doch eine noch nie gesehene Mückenplage hielt sie von einem entspannten Abend ab, so dass sogar eine Mücken-Warnung per E-Mail versendet wurde! Die drei am nächsten Morgen anreisenden Crews wollten es nicht glauben und wurden schnell eines Besseren belehrt. Solche Schwärme von Plagegeistern hatte noch niemand erlebt!
Nach dem üblichen Übernahmeprozedere und den notwendigen Klein-Reparaturen auf den Schiffen, die sich anscheinend nicht vermeiden lassen, waren alle Skipper, Co-Skipper und Crew-Mitglieder bereit zum Ablegen. Als erstes Ziel sollte Orth auf Fehmarn angelaufen werden.
Bei strahlendem Sonnenschein und besten 3 Bft aus West ging es mit Motorkraft über den kleinen „Teich“ in Großenbrode hinaus in den Fehmarnsund. Außerhalb des Fahrwassers wurden dann die Segel gesetzt und das Vergnügen begann. Alle machten sich mit den notwendigen Handgriffen auf den Segelyachten vertraut und die Novizen des Dickschiffsegelns wurden in die ersten Manöver und in die Navigation mit Zirkel und Anlegedreieck eingewiesen. Herrliches Segeln!
Doch schon bald zeigten sich am Himmel die ersten großen Amboss-Wolken, die die nahende Kaltfront mit den vorhergesagten Gewittern angekündigte. Was? Bei dem schönen Wetter sollen wir aufhören mit segeln? Sollen wir jetzt schon unter der Sund-Brücke hindurch segeln und auf der anderen Seite noch ein wenig Manöver üben? Haben wir nicht noch etwas Zeit, bevor wir in dem kleinen Hafen von Orth festmachen? Entscheidungen mussten schon schnell getroffen werden!
Die ersten trafen die Entscheidung schnell, machten sich mit achterlichem Wind gemütlich auf den Weg durch das Fehmarnsund-Fahrwasser Richtung Heiligenhafen. Die Spannung stieg, als der Mast mit 20 m Höhe unter der 21 m hohen Brücke hindurch glitt, da war nicht mehr viel Platz – aber es reichte! Der Blick ging immer wieder über das Festland, dort, wo die Front den Himmel immer weiter verdunkelte. Kaum zu glauben: an Backbord schlechtes Wetter in Sicht und an Steuerbord über Fehmarn blauer Himmel und Sonnenschein. Die Crew lässt sich nicht beirren und läuft direkt in den kleinen und schmucken Hafen von Orth ein. Der Hafenmeister kommt uns schon mit seinem Fahrrad entgegen und weist uns einen Platz am Ende des Hafens im Päckchen eines anderen Schiffes zu. Leinen fest und durchatmen – geschafft.
Achteraus der Blick in die Hafeneinfahrt, so nach und nach kommen noch einige andere Yachten in den hübschen Hafen. OSG Boot Nr. 2 und 3 kommen ebenfalls und machen im Päckchen fest. Doch wo bleibt Nr. 4????? Der Himmel verdunkelt sich zusehends. Landgänge werden rasch gemacht, Fischbrötchen und Pommes werden verspeist und Fotos von dem Naturschauspiel über der Bucht festgehalten. Heftige Sturmböen fallen ein, es regnet kräftig und von Schiff Nr. 4 ist noch immer nichts zu sehen! Wir machen uns Sorgen! Doch endlich – auch Nr. 4 kommt in den Hafen gerauscht und liegt schließlich sicher im Hafen. Durchatmen – alle sind bei diesem Wetter gut angekommen! Der Name „Himmelfahrtskommando“ war an diesem Abend für die Crew „4“ das Programm!
Am Freitag-Morgen ist von dem Unwetter, das in Hamburg für Überschwemmungen gesorgt hat, nichts mehr zu spüren. Für die Einen ist Ausschlafen, für die Anderen frühes Ablegen aufgrund eines Krantermins eines ungeduldigen Schiffeigners an der Kaimauer angesagt. Um 9.30 Uhr macht sich die erste Crew nach der Skipper-Besprechung auf den Weg Rund-Fehmarn, Ziel am Abend ist Burgtiefe. Vom Ablegen bis 18.00 Uhr sollen Seemeilen gezählt werden und welche Crew bis dahin die meisten Meilen gesegelt ist soll von der Crew mit den wenigsten Seemeilen ein Fischbrötchen bekommen. (Die Meilen wurden gezählt doch mit den Fischbrötchen hat es nicht so geklappt, da muss im nächsten Jahr noch einmal dran gearbeitet werden!)
Der Weg ist das Ziel. Rund Fehmarn war noch niemand von uns gesegelt. Bisher wurden immer andere Ziele in der Ferne angesegelt. Das Schöne an diesen Törn waren ja die wechselnden Windbedingungen, die daraus resultierenden Segelmanöver und Kursänderungen, um die Inseln zu umsegeln. Am Abend am Rundsteg in Burgtiefe waren alle zufrieden: Ein wunderschöner Segeltag mit viel Sonne und anfangs gutem doch gegen Mittag nachlassendem Wind war zu Ende.
Der Segeltag war zu Ende, doch die Nacht begann erst noch… Keine Party ohne OSG-Mitglieder, einige verlustierten sich bis in die frühen Morgenstunden bei heißen Rhythmen und Tanz. Es wurde sogar ein weiteres Crew-Mitglied in Form eines riesigen pinken „Kuschel“-Flamingos aufgenommen….
Am Samstag ist bei leichtem Nordost-Wind Grömitz das nächste Ziel. Einige wollten lieber nach Kühlungsborn, doch in einer Flottille ändert sich die Route nicht so flott! Bei dem wirklich sehr leichten Wind war erst Geduld gefordert, man hätte Kaffeebecher von einem zum anderen Boot reichen können. Doch allmählich wurden aus dem 1Bft schöne 3 Bft und wir konnten gemächlich nach Grömitz segeln. Dabei war es für den Rudergänger gar nicht so einfach die Crew zufrieden zu stellen. Beim Anluven war die Sonne auf dem Vorschiff weg und es wurde kalt! „Abfallen bitte!“, wurde der Rudergänger aufgefordert, das Sonnenbad konnte fortgesetzt werden.
In Grömitz wurde es am Abend noch einmal spannend. Der Hafen wird gut frequentiert und es ist gar nicht so einfach, mit einem 4,30 m breiten Schiff einen Platz bei auffrischendem Wind zu finden. Da wurde vorwärts und rückwärts gefahren, Arme zum Anzeigen freier Plätze geschwenkt, zwischen Pfählen festgesteckt und sich wieder befreit, wieder Leinen angenommen und zu guter Letzt doch noch festgemacht. Zur Belohnung „ploppten“ dann die bekannten Flaschen und Entspannung trat wieder ein.
Die Rückreise am Sonntag von Grömitz nach Großenbrode sollte sich dann aufgrund von dichtem Nebel bis mittags verzögern. Bei Nebel verlässt man keinen sicheren Hafen! Gilt nicht immer für alle – doch immerhin für die meisten Segler. Kaffeetrinken, Landgänge, Taschen packen, Meilenbücher updaten, Seekarten lesen, Wetterberichte verfolgen – das Vormittagsprogramm gestaltete sich vielfältig. Doch schließlich war es endlich soweit, die Sonne konnte die dichten Nebelschwaden durchbrechen und allgemeine Aufbruchstimmung machte sich breit. Ein Schiff nach dem anderen warf die Leinen los und machte sich auf den Weg auf das Wasser.
Anfangs diesig war gehörig Ausguck noch notwendig, doch so nach und nach wurde die Sicht klarer und ein frischer Wind brachte die Schiffe in gute Fahrt. Die einen hatten mit einer defekten Selbstwendefock zu kämpfen, hielten sich aber wacker auf dem harten Amwindkurs Richtung Großenbrode. Die anderen hatten einfach nur Spaß! Der Wind frischte von anfangs 4 Bft immer weiter auf und es „kachelte“ zwischenzeitlich recht heftig, sodass sogar hier und da Teller durch die Pantry flogen und zerbrachen. Doch das sportliche Segeln unter diesen Bedingungen mit strahlendem Sonnenschein wurde freudig von den segelbegeisterten OSG-lern aufgenommen.
Die Hafen-Manöver an der Tanke und beim „Einparken“ an den Rückgabeplätzen beim Vercharterer forderten von den Skippern nochmals alles an Geduld und Durchhaltevermögen ab. Schließlich lagen alle vier Schiffe fest an ihrem Platz und ein wunderschönes Segelwochenende war vorbei.
Vielen Dank an alle für eine tolle Zeit und die tolle Organisation – bis zum nächsten Mal!