Dancing Queen … Friday night and the lights are low – Looking out for a place to go ….
Kurz nach acht Uhr Samstagmorgen am Steg der OSG. Gefühlt ist es eben hell geworden, es ist kühl und ruhig, die 12 OGLer sind gerade mal ebenso wach. Auf einmal wird der Song „Dancing Queen“ von Abba beim Ruderclub Favorite Hammonia, den Nachbarn, in voller Lautstärke gespielt. Nur tanzen nicht wir an diesem grauen und nebligen Morgen auf dem Steg, sondern die 10 knallroten Möwen und 3 Bahias tanzen sachte auf dem Wasser. Sie sehen irgendwie nackt und ungewohnt kahl aus. Aber nur so sind sie bereit für den Weg auf ihren Platz im Winterlager. Doch wie viele Boote sind es denn dieses Mal? Bisher wurden um die zehn Boote von dem braven und zuverlässigen Hölper geschleppt. Doch in diesem Jahr wurde ein neuer Rekord aufgestellt! Dreizehn Boote sind es insgesamt, die in die neue Halle in Neu Wulmsdorf bei Hamburg gebracht werden müssen, dabei sind heute nicht die Lis- und Gleitjollen. Die Bootsmänner haben hervorragende Vorarbeit geleistet, alle Wanten und Masten sind demontiert, mehr als fünf Stunden haben sie dafür gebraucht. Nur so kann der Zeitplan eingehalten werden, die Boote bis mittags zur Bootswerft Knief in Harburg zu bringen.
Unter der Kennedybrücke hindurch
Uns kriecht langsam aber sicher der Nieselregen in den Nacken, doch keiner lässt sich davon beirren, die Kapuzen werden bis in die Stirn gezogen. Schwimmwesten werden angezogen, Paddel und Ösfass in die Boote gelegt und langsam aber sicher wird der Schleppverband nach und nach zusammengestellt. Zum Glück weht kein Wind (und das sagen Segler!). Endlich geht es los. Ein letzter Blick über die nebelverhangene Außenalster auf der nicht ein einziges Segelboot zu sehen ist und es wird Kurs auf die Binnenalster genommen. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl unter der Kennedybrücke und Lombardsbrücke unterdurch zu fahren, wie durch einen Tunnel. Doch man sieht Licht am Ende des Tunnels und der Blick öffnet sich weit über die Binnenalster auf den Ballindamm, das Rathaus und den Jungfernstieg. Im großen Bogen zieht uns Sebastian mit dem Hölper über die Binnenalster zur Reesendammbrücke (unter dem Jungfernstieg durch) zur Schleusenbrücke.
Bei der Rathausschleuse ist unser erster Stopp (sie wurde 1973 neu gebaut und zusätzlich erfolgte der Einbau von Generatoren zur Nutzung der Wasserkraft der Alster). Einige Touristen bleiben interessiert stehen, winken und machen Fotos von uns, wie wir uns mit all den Jollen in dem kleinen Schleusenbecken drängeln und langsam eine Stufe tiefer gelassen werden. Die Tore öffnen sich zur anderen Seite und weiter geht die langsame Fahrt nun durch das Alsterfleet.
Die Schaartorschleuse, die zum Schutz der Hamburger Innenstadt nach der Sturmflut 1962 gebaut wurde, ist unser zweiter Stopp. Hier bleibt doch tatsächlich eine Möwe mit ihrem Bug einer Leiter hängen! Doch was ist das? Merkt er das nicht? Nein, die Krängung wird gekonnt ausbalanciert! Bis „Achtung“ gerufen und die Jolle schnell wieder losgemacht wird und unter allgemeinem Applaus zurück ins Wasser platscht.
Unter der Otto-Sill-Brücke bei der Einmündung der Alster in den Binnenhafen wartet Joachim mit seiner Yacht und übernimmt sieben Boote in Schlepp, der Hölper fährt mit sechs Booten weiter. Wir passieren das äußere Ende des Binnenhafens, der der älteste Teil im Hamburger Hafen ist und der noch als Hafenanlage genutzt wird. Die nördliche Kante sind die Kajen, die ab dem 14. Jahrhundert die ersten Kaianlagen des Binnenhafens bildeten. Südlich liegt der Kehrwieder mit der Speicherstadt.
Stadtführung inbegriffen – Elbphilharmonie endlich fertig
Heute ist nach mehr als 10 Jahren Bauzeit die Eröffnung der Elbphilharmonie. Die Aussichtsplattform in 37 Metern Höhe ist mit 4.000 Quadratmetern fast so groß wie der Hamburger Rathausmarkt! Wir passieren sie an unserer Backbordseite und blicken hinauf auf das neue imposante Wahrzeichen Hamburgs. Wir in unseren kleinen Jollen draußen sehen drinnen nicht die mundgeblasenen hell leuchtenden Lampen oder eine der längsten Rolltreppen Europas, die sogenannte Tube. Unser stoischer Blick wandert durch den Nieselregen über die Norderelbe, die wir überqueren müssen. Zum Glück ist nicht viel Verkehr hier in der Nähe der Landungsbrücken und unsere beiden kleinen Schleppverbände erreichen sicher den Reiherstieg. Links und rechts wandern unsere Blicke über triste, stille Industrieanlagen, große Speicher, Kräne im Nebel und große Pötte hier und da am Anleger. Die Blätter an den Bäumen und Büschen am Ufer sind herbstlich gelb und braun verfärbt; die Fahrt geht weiter. Herbstlich schöne, ruhige Stimmung pur, sie passt so richtig in den November. Hier und da sind doch tatsächlich einige kleine Fischerboote in Ufernähe zu sehen. Männer, die in dicken Jacken ihre Angeln ins Wasser halten und auf einen kleinen Fang hoffen, ihre Thermoskannen neben sich stehen haben und uns erstaunt nachblicken.
Wir fahren unter der Argentinienbrücke durch und erreichen nach einer endlos anmutenden Fahrt endlich die Reiherstiegschleuse, unsere letzte Schleuse. Die Reiherstiegschleuse wurde 1903 erbaut und ist die Strömungsschleuse vom Reiherstieg in Hamburg Wilhelmsburg zur Süderelbe. Bei erstaunlich starker Strömung überqueren wir die Süderelbe und können endlich in den kleinen Hafen der Bootswerft einlaufen. Dort werden die Möwen und Bahias vorerst am Steg festgemacht und alle klettern klamm vor Kälte gegen halb zwölf ersteinmal auf den Steg, um sich die Füße zu vertreten und um wieder warm zu werden. Eine große Hafenhalbrundfahrt der besonderen Art ist zu Ende. Aber die Arbeit hat noch lange kein Ende – sie beginnt nun erst richtig!
Letzte Etappe mit dem Auto
Es warten schon einige OSG-Männer und Frauen mit ihren Autos und Trailern, bereit die Boote in Empfang zu nehmen und in die neue Halle zu fahren. Eine Jolle nach der anderen wird auf dem Slipwagen gemeinsam den kleinen Hügel vom Wasser nach oben an Land gezogen. Dabei wurde spätestens jetzt jedem wieder warm! Man mag es gar nicht glauben: mehr als 200 Kilogramm wiegen Boot und Sliptrailer – das Gewicht zerrt ganz schön an den Armen. Doch um halb zwei ist es schließlich doch geschafft: alle Jollen sind oben und die ersten Fahrer sind mit ihren Autos auf dem Weg nach Neu Wulmsdorf. In 3er-Teams schafften die OSGler mit vereinten Kräften den ganzen Nachmittag die Boote in die Halle, eine ganz schön anstrengende Aktion die alles in allem gelungen war. Und das Beste: in einem halben Jahr geht die ganze Aktion wieder den gleichen Weg zurück – die nächste Hafenhalbrundfahrt – macht Euch bereit! Die Runde muss geschlossen werden.